Rheinland-Pfalz steht kurz vor einer bundesweit einzigartigen Liberalisierung im Bestattungswesen. Wenn der Landtag am Donnerstag zustimmt, tritt das neue Gesetz Anfang Oktober in Kraft. Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) kündigte bereits den Zeitplan an.
Was sich ändert
Die geplante Neuregelung erlaubt Bestattungsformen, die bisher tabu waren:
- Urne zuhause: Angehörige dürfen die Asche eines Verstorbenen künftig in den eigenen vier Wänden aufbewahren.
- Asche im Garten oder in der Natur: Das Verstreuen im heimischen Garten oder in Flüssen wie Rhein, Mosel, Saar und Lahn wird möglich.
- Diamantbestattung: Die Verarbeitung zu einem Erinnerungsdiamanten ist erlaubt – die restliche Asche muss aber auf einem Friedhof beigesetzt werden.
- Offener Sarg: Abschiednahmen am offenen Sarg werden ausdrücklich ermöglicht.
Nachbesserungen sehen vor, dass das Verstreuen oder Aufteilen der Asche ausschließlich von Fachkräften übernommen werden darf.
Voraussetzungen
Die neuen Bestattungsformen gelten nur für Menschen mit letztem Hauptwohnsitz in Rheinland-Pfalz. Zudem müssen Verstorbene zu Lebzeiten schriftlich festgelegt haben, welche Art der Bestattung sie wünschen und wer die Umsetzung übernehmen soll. Spontane Entscheidungen durch Angehörige sind nicht möglich.
Kritik von Kirchen und Opposition
Die katholische und evangelische Kirche lehnen das Gesetz ab. Sie sehen durch private Urnenaufbewahrung oder das Verstreuen von Asche die Würde der Toten gefährdet. Auch die CDU im Landtag spricht von einem „Durchpeitschen“ der Reform ohne breite öffentliche Diskussion. Ihr Grundsatz: Modernisierung dürfe nicht auf Kosten der Pietät erfolgen.
Regierung verteidigt Reform
Gesundheitsminister Hoch betont, dass der Friedhof weiterhin der Regelfall bleibe. Die Reform solle jedoch individuelle Wünsche stärker berücksichtigen: „Wer gerne unter seinem Apfelbaum verstreut werden möchte und das schriftlich festlegt, dem soll das ermöglicht werden.“
Fazit
Mit dem neuen Gesetz wagt Rheinland-Pfalz den radikalsten Schritt im deutschen Bestattungsrecht. Es soll den Bürgerinnen und Bürgern mehr Freiheit geben, ihren Abschied nach eigenen Vorstellungen zu gestalten – bleibt jedoch hoch umstritten zwischen Befürwortern der Individualität und Verteidigern traditioneller Werte.
